1. Wie soll das bezahlt werden ?

Ein häufig vorgebrachter Einwand zielt auf die Frage der Finanzierung. Wie können wir angesichts leerer Kassen ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren? Können wir uns ein Grundeinkommen überhaupt leisten?

Ein Grundeinkommen eröffnet andere Entscheidungsmöglichkeiten für den Einzelnen als heute. Damit verändern sich im Vergleich auch die Rahmenbedingungen der Werterzeugung in unserem Gemeinwesen, weswegen es besonders schwierig ist, die volkswirtschaftlichen Konsequenzen der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens hypothetisch auszubuchstabieren. Welche Folgen es haben wird, hängt wesentlich davon ab, ob und wie die Bürger die Freiheit, die das Grundeinkommen bietet, nutzen.

Zunächst müßten wir uns darüber verständigen, wie hoch ein Grundeinkommen sein soll, weil wir erst dann kalkulieren können, wie hoch die Kosten sind, die im Bundeshaushalt dafür in Anschlag gebracht werden müßten. Wir können natürlich Berechnungen vornehmen, in denen Höhe und Ausgestaltung eines Grundeinkommens hypothetisch festgelegt werden. Allerdings stößt man dann auf eine weitere Einschränkung: Unter der Bedingung eines Grundeinkommens wird sich die Wertschöpfungsleistung Deutschlands stark verändern. Dem zugrunde liegen sowohl Veränderungen der Produktivität – hier gehen wir von einer Steigerung aus wegen des Abbaus von hemmenden Wirkungen auf Innovationen – sowie Veränderungen im Arbeitsangebotsverhalten und in der Arbeitsnachfrage. Dies hat Folgen für die Höhe der Einkommen aus Erwerbsarbeit und damit für eine der zentralen Quellen von Steuereinnahmen in der Gegenwart. Das Ausmaß dieser Veränderung kann nur vermutet werden. Hinzu kommen Veränderungen im Preisgefüge, in der Kaufkraft und in vielen anderen Bereichen, die wir noch gar nicht überblicken können. Aufgrund der sich verändernden Lebenseinstellungen und -ziele werden bestimmte Produkte nicht mehr, andere hingegen stärker nachgefragt. Bestimmte Dienstleistungen werden möglicherweise überflüssig, weil sie automatisiert werden können. Andere Dienstleistungen könnten aber auch teurer werden, weil sie eine neue Wertschätzung erfahren, so etwa im Pflegebereich, und weil Arbeitnehmer durch das Grundeinkommen Verhandlungsmacht hätten. Und schließlich könnte eine Nachfrage nach neuen bzw. bisher „schwarz“ angebotenen Dienstleistungen entstehen, weil diese aufgrund sinkender Nebenkosten und einer Legalisierung geringfügig entlohnter Leistungen attraktiver würden.

Trotz dieser Schwierigkeiten und einer beschränkten Aussagekraft muß der politischen Entscheidung natürlich eine möglichst gute Berechnung von finanziellen Szenarien vorausgehen. Wir haben begonnen, uns dieser Aufgabe zuzuwenden, können aber den einschlägigen Experten, die hier aufgefordert sind, nicht vorgreifen. Immerhin ergibt sich aus Berechnungen von Helmut Pelzer und Ute Fischer, die auf der Basis von jüngeren Zahlen vorgenommen wurden, daß die deutsche Volkswirtschaft unter Beibehaltung des status quo durchaus in der Lage wäre, ein angemessenes Grundeinkommen zu tragen.

2. Welches Steuerwesen eignet sich am besten ?

Ein bedingungsloses Grundeinkommen sollte mit der Umgestaltung unseres Steuerwesens und auch der Besteuerungsprinzipien einhergehen. Vergleichbar radikal und einfach wie das bedingungslose Grundeinkommen in all seinen Momenten ist der Vorschlag von Götz Werner und Benediktus Hardorp, von der Ertragsbesteuerung (Einkommen und Gewinne) vollständig Abschied zu nehmen. Sie plädieren für die Umstellung auf eine Verbrauchssteuer (Konsumsteuer), die im Inland erhoben würde. Nicht der nominale Geldbesitz würde dabei besteuert, sondern seine Nutzung. Denn für unser Gemeinwesen ist nicht entscheidend, daß ein Bürger erhebliche Geldwerte besitzt, entscheidend ist, wozu er sie einsetzt.

Eine solche Besteuerung prämierte Ressourcenschonung, denn hoher Verbrauch von Ressourcen ginge mit hohen Kosten durch Besteuerung einher. Dies würde schon bei der Erzeugung von Gütern, für die Ressourcen aufgewendet werden müssen, greifen. Denn schonende Ressourcennutzung würde hier zu Kostenreduzierung führen. Investitionen und Konsum würden nicht mehr gleichbehandelt. Nicht mehr Beiträge zur Wertschöpfung, also Investitionen, produktive Erwerbsarbeit, unternehmerische Innovationen, würden durch Besteuerung belastet, sondern der Konsum: Nicht die Schaffung von Werten würde besteuert, sondern ihr Verzehr.

Die Umstellung auf eine Konsumsteuer und die Abschaffung anderer Steuerabschöpfungen hätte vielfache Konsequenzen. Der Wertschöpfungsprozeß erführe eine enorme Entlastung im Vergleich zu heute. Ökonomisch führte die Konsumsteuer zu einer Entlastung des Exports und zu einer Belastung des Imports. Importwaren würden durch die Konsumsteuer genauso besteuert wie im Land erzeugte Güter. Der inländische Wertschöpfungsprozeß würde damit gegenüber dem ausländischen Wertschöpfungsprozeß nicht mehr so benachteiligt sein wie heute.

In Verbindung mit einem bedingungslosen Grundeinkommen führte die Konsumbesteuerung zu einer radikalen Reduktion der sogenannten Lohnnebenkosten, denn das Grundeinkommen ersetzte gegenwärtige Transferleistungen bis zur Höhe des Grundeinkommens. Das Grundeinkommen würde nicht über Sozialversicherungsbeiträge finanziert, sondern über die Konsumsteuer. Dies entlastete die Arbeitskosten der Unternehmen. Den Wertschöpfungsprozeß befreiten wir dadurch von einer erheblichen Belastung, die er heute zu tragen hat. Administrativ ermöglichte eine Konsumbesteuerung eine enorme Vereinfachung und den Abbau von Bürokratie. Auch die Mittel, die durch solche Einsparungen entstehen, stünden der Finanzierung des Grundeinkommens und anderer staatlicher Aufgaben zur Verfügung.

Um unterschiedliche Gütergruppen und Dienstleistungen unterschiedlich zu besteuern, bedürfte es einer Staffelung der Konsumsteuer nach Güter- bzw. Dienstgruppen. Solche Güter, die dem täglichen Bedarf dienen, sollten niedriger besteuert werden als Luxusgüter. Auch hier gälte das Prinzip: wer mehr konsumiert, zahlt mehr.

Die Umstellung unseres Steuerwesens auf eine Konsumbesteuerung folgt dem Prinzip, das auch dem bedingungslosen Grundeinkommen zugrunde liegt: Engagement für das Gemeinwesen und Bereitschaft zu innovativer Leistung zu ermutigen und zu stärken. Nur eine solche Politik stärkt langfristig unser Gemeinwesen.

Der Weg dorthin ist nur durch eine sorgfältig durchzuführende Umstellung von der gegenwärtigen Einkommens- (Körperschaftssteuer usw.) zur Konsumbesteuerung gestaltbar. Die Absenkung der Einkommensteuer und das Anheben der Konsumsteuer im Gegenzug ist mit dem von Helmut Pelzer gemeinsam mit Ute Fischer ausgearbeitetenTransfergrenzenmodell möglich.

3. Erhalten auch Bürger anderer Staaten, die in Deutschland leben, ein Grundeinkommen ?

Das BGE folgt dem Bürgerprinzip, Staatsbürger sollten es auf jeden Fall erhalten. Für diejenigen, die in unserem Land leben und eine befristete oder auch dauerhafte Aufenthaltserlaubnis haben, wären verschiedene Lösungen denkbar. Sie könnten ein BGE in derselben Höhe erhalten oder auch ein reduziertes.

Die Bürger tragen unsere gemeinschaftliche Ordnung, sie übernehmen Verpflichtungen und ihre Loyalität zu unserer Gemeinschaft ist mit jeder Entscheidung, die sie treffen, gefordert. Das unterscheidet sie grundsätzlich von allen Nicht-Bürgern.

Loyalität als Bürger beinhaltet auch politisches Engagement, dort wo es notwendig ist, und der Einzelne einen Beitrag leisten kann. Damit verbunden ist auch Kritik an politischen Entscheidungen, die unserer Gemeinschaft langfristig schaden. Wer nicht Bürger ist, ist von all diesen Verpflichtungen frei, er trägt nicht die politische Ordnung, sondern fügt sich ihr nur. Er ist nicht Quelle der Entstehung des Rechts, sondern muss das Recht lediglich respektieren. Steuern zu zahlen ist nicht, wie man manchmal hören kann, Ausdruck einer Identifizierung mit unserer Gemeinschaft; auch Unternehmen zahlen Steuern und tragen dennoch nicht unsere politische Ordnung ebenso wie jeder Tourist.

4. Führt ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Ausgrenzung ?

Hier muss man als erstes fragen, was mit Ausgrenzung gemeint ist? Entscheiden wir uns für ein bedingungsloses Grundeinkommen, schaffen wir eine Einkommenssicherung, an der jeder Bürger teilhat. Dies eröffnet ihm einerseits Freiheiten, sich völlig autonom zu entscheiden, was er mit der gewonnenen Lebenszeit anfängt. Da ihm die Gemeinschaft diese Freiheit ermöglicht, muss er sich auch fragen und vor sich verantworten, wie er diese Zeit nutzt. Das BGE verstärkt also mit der Freiheit zugleich die Gemeinwohlverpflichtung. In dieser Hinsicht findet also keine Ausgrenzung statt.

Was aber, wenn er arbeiten will, und keine Arbeit findet? Dies ist eine Situation, die auch heute schon besteht. Halten wir dies für einen Missstand, können wir ihn nur auflösen, indem wir ein Recht auf Arbeit schaffen, Arbeit also umverteilen, wie es z.B. von den Gewerkschaften der Sache nach vertreten wird. Damit werten wir Arbeit zu einem Zweck an sich um, ja, zu einem Konsumgut. Dafür bräuchten wir eine zentrale Verteilungsregelung, sei dies gesetzlich oder über die Delegation der Entscheidung an die Tarifpartnerschaft. Sieht man in der Teilhabe an Erwerbsarbeit ein unabdingbares Recht, muss eine solche Regelung geschaffen werden. Wir aber halten den Freiheitsgewinn für entscheidend, den ein BGE eröffnet. Außerdem bestärkt und fördert er Leistungsbereitschaft und Sachorientierung. Umverteilung von Arbeit entwertet diese, stellt Arbeit auf ein Podest, als sei sie als solche erstrebenswert, und raubt die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie lange und wie viel man zu arbeiten bereit ist. Wir können nicht beides haben: Arbeitsplatzgarantien und Freiheit der Entscheidung. Wir treten für den Zugewinn an Freiheit und die damit verbundene Zumutung an Verantwortung ein.