Häufig gestellte Fragen

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Ein häufig vorgebrachter Einwand zielt auf die Frage der Finanzierung. Wie können wir angesichts leerer Kassen ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren? Können wir uns ein Grundeinkommen überhaupt leisten?

Ein Grundeinkommen eröffnet andere Entscheidungsmöglichkeiten für den Einzelnen als heute. Damit verändern sich im Vergleich auch die Rahmenbedingungen der Werterzeugung in unserem Gemeinwesen, weswegen es besonders schwierig ist, die volkswirtschaftlichen Konsequenzen der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens hypothetisch auszubuchstabieren. Welche Folgen es haben wird, hängt wesentlich davon ab, ob und wie die Bürger die Freiheit, die das Grundeinkommen bietet, nutzen.

Zunächst müßten wir uns darüber verständigen, wie hoch ein Grundeinkommen sein soll, weil wir erst dann kalkulieren können, wie hoch die Kosten sind, die im Bundeshaushalt dafür in Anschlag gebracht werden müßten. Wir können natürlich Berechnungen vornehmen, in denen Höhe und Ausgestaltung eines Grundeinkommens hypothetisch festgelegt werden. Allerdings stößt man dann auf eine weitere Einschränkung: Unter der Bedingung eines Grundeinkommens wird sich die Wertschöpfungsleistung Deutschlands stark verändern. Dem zugrunde liegen sowohl Veränderungen der Produktivität – hier gehen wir von einer Steigerung aus wegen des Abbaus von hemmenden Wirkungen auf Innovationen – sowie Veränderungen im Arbeitsangebotsverhalten und in der Arbeitsnachfrage. Dies hat Folgen für die Höhe der Einkommen aus Erwerbsarbeit und damit für eine der zentralen Quellen von Steuereinnahmen in der Gegenwart. Das Ausmaß dieser Veränderung kann nur vermutet werden. Hinzu kommen Veränderungen im Preisgefüge, in der Kaufkraft und in vielen anderen Bereichen, die wir noch gar nicht überblicken können. Aufgrund der sich verändernden Lebenseinstellungen und -ziele werden bestimmte Produkte nicht mehr, andere hingegen stärker nachgefragt. Bestimmte Dienstleistungen werden möglicherweise überflüssig, weil sie automatisiert werden können. Andere Dienstleistungen könnten aber auch teurer werden, weil sie eine neue Wertschätzung erfahren, so etwa im Pflegebereich, und weil Arbeitnehmer durch das Grundeinkommen Verhandlungsmacht hätten. Und schließlich könnte eine Nachfrage nach neuen bzw. bisher „schwarz“ angebotenen Dienstleistungen entstehen, weil diese aufgrund sinkender Nebenkosten und einer Legalisierung geringfügig entlohnter Leistungen attraktiver würden.

Trotz dieser Schwierigkeiten und einer beschränkten Aussagekraft muß der politischen Entscheidung natürlich eine möglichst gute Berechnung von finanziellen Szenarien vorausgehen. Wir haben begonnen, uns dieser Aufgabe zuzuwenden, können aber den einschlägigen Experten, die hier aufgefordert sind, nicht vorgreifen. Immerhin ergibt sich aus Berechnungen von Helmut Pelzer und Ute Fischer, die auf der Basis von jüngeren Zahlen vorgenommen wurden, daß die deutsche Volkswirtschaft unter Beibehaltung des status quo durchaus in der Lage wäre, ein angemessenes Grundeinkommen zu tragen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen sollte mit der Umgestaltung unseres Steuerwesens und auch der Besteuerungsprinzipien einhergehen. Vergleichbar radikal und einfach wie das bedingungslose Grundeinkommen in all seinen Momenten ist der Vorschlag von Götz Werner und Benediktus Hardorp, von der Ertragsbesteuerung (Einkommen und Gewinne) vollständig Abschied zu nehmen. Sie plädieren für die Umstellung auf eine Verbrauchssteuer (Konsumsteuer), die im Inland erhoben würde. Nicht der nominale Geldbesitz würde dabei besteuert, sondern seine Nutzung. Denn für unser Gemeinwesen ist nicht entscheidend, daß ein Bürger erhebliche Geldwerte besitzt, entscheidend ist, wozu er sie einsetzt.

Eine solche Besteuerung prämierte Ressourcenschonung, denn hoher Verbrauch von Ressourcen ginge mit hohen Kosten durch Besteuerung einher. Dies würde schon bei der Erzeugung von Gütern, für die Ressourcen aufgewendet werden müssen, greifen. Denn schonende Ressourcennutzung würde hier zu Kostenreduzierung führen. Investitionen und Konsum würden nicht mehr gleichbehandelt. Nicht mehr Beiträge zur Wertschöpfung, also Investitionen, produktive Erwerbsarbeit, unternehmerische Innovationen, würden durch Besteuerung belastet, sondern der Konsum: Nicht die Schaffung von Werten würde besteuert, sondern ihr Verzehr.

Die Umstellung auf eine Konsumsteuer und die Abschaffung anderer Steuerabschöpfungen hätte vielfache Konsequenzen. Der Wertschöpfungsprozeß erführe eine enorme Entlastung im Vergleich zu heute. Ökonomisch führte die Konsumsteuer zu einer Entlastung des Exports und zu einer Belastung des Imports. Importwaren würden durch die Konsumsteuer genauso besteuert wie im Land erzeugte Güter. Der inländische Wertschöpfungsprozeß würde damit gegenüber dem ausländischen Wertschöpfungsprozeß nicht mehr so benachteiligt sein wie heute.

In Verbindung mit einem bedingungslosen Grundeinkommen führte die Konsumbesteuerung zu einer radikalen Reduktion der sogenannten Lohnnebenkosten, denn das Grundeinkommen ersetzte gegenwärtige Transferleistungen bis zur Höhe des Grundeinkommens. Das Grundeinkommen würde nicht über Sozialversicherungsbeiträge finanziert, sondern über die Konsumsteuer. Dies entlastete die Arbeitskosten der Unternehmen. Den Wertschöpfungsprozeß befreiten wir dadurch von einer erheblichen Belastung, die er heute zu tragen hat. Administrativ ermöglichte eine Konsumbesteuerung eine enorme Vereinfachung und den Abbau von Bürokratie. Auch die Mittel, die durch solche Einsparungen entstehen, stünden der Finanzierung des Grundeinkommens und anderer staatlicher Aufgaben zur Verfügung.

Um unterschiedliche Gütergruppen und Dienstleistungen unterschiedlich zu besteuern, bedürfte es einer Staffelung der Konsumsteuer nach Güter- bzw. Dienstgruppen. Solche Güter, die dem täglichen Bedarf dienen, sollten niedriger besteuert werden als Luxusgüter. Auch hier gälte das Prinzip: wer mehr konsumiert, zahlt mehr.

Die Umstellung unseres Steuerwesens auf eine Konsumbesteuerung folgt dem Prinzip, das auch dem bedingungslosen Grundeinkommen zugrunde liegt: Engagement für das Gemeinwesen und Bereitschaft zu innovativer Leistung zu ermutigen und zu stärken. Nur eine solche Politik stärkt langfristig unser Gemeinwesen.

Der Weg dorthin ist nur durch eine sorgfältig durchzuführende Umstellung von der gegenwärtigen Einkommens- (Körperschaftssteuer usw.) zur Konsumbesteuerung gestaltbar. Die Absenkung der Einkommensteuer und das Anheben der Konsumsteuer im Gegenzug ist mit dem von Helmut Pelzer gemeinsam mit Ute Fischer ausgearbeitetenTransfergrenzenmodell möglich.

Das BGE folgt dem Bürgerprinzip, Staatsbürger sollten es auf jeden Fall erhalten. Für diejenigen, die in unserem Land leben und eine befristete oder auch dauerhafte Aufenthaltserlaubnis haben, wären verschiedene Lösungen denkbar. Sie könnten ein BGE in derselben Höhe erhalten oder auch ein reduziertes.

Die Bürger tragen unsere gemeinschaftliche Ordnung, sie übernehmen Verpflichtungen und ihre Loyalität zu unserer Gemeinschaft ist mit jeder Entscheidung, die sie treffen, gefordert. Das unterscheidet sie grundsätzlich von allen Nicht-Bürgern.

Loyalität als Bürger beinhaltet auch politisches Engagement, dort wo es notwendig ist, und der Einzelne einen Beitrag leisten kann. Damit verbunden ist auch Kritik an politischen Entscheidungen, die unserer Gemeinschaft langfristig schaden. Wer nicht Bürger ist, ist von all diesen Verpflichtungen frei, er trägt nicht die politische Ordnung, sondern fügt sich ihr nur. Er ist nicht Quelle der Entstehung des Rechts, sondern muss das Recht lediglich respektieren. Steuern zu zahlen ist nicht, wie man manchmal hören kann, Ausdruck einer Identifizierung mit unserer Gemeinschaft; auch Unternehmen zahlen Steuern und tragen dennoch nicht unsere politische Ordnung ebenso wie jeder Tourist.

Hier muss man als erstes fragen, was mit Ausgrenzung gemeint ist? Entscheiden wir uns für ein bedingungsloses Grundeinkommen, schaffen wir eine Einkommenssicherung, an der jeder Bürger teilhat. Dies eröffnet ihm einerseits Freiheiten, sich völlig autonom zu entscheiden, was er mit der gewonnenen Lebenszeit anfängt. Da ihm die Gemeinschaft diese Freiheit ermöglicht, muss er sich auch fragen und vor sich verantworten, wie er diese Zeit nutzt. Das BGE verstärkt also mit der Freiheit zugleich die Gemeinwohlverpflichtung. In dieser Hinsicht findet also keine Ausgrenzung statt.

Was aber, wenn er arbeiten will, und keine Arbeit findet? Dies ist eine Situation, die auch heute schon besteht. Halten wir dies für einen Missstand, können wir ihn nur auflösen, indem wir ein Recht auf Arbeit schaffen, Arbeit also umverteilen, wie es z.B. von den Gewerkschaften der Sache nach vertreten wird. Damit werten wir Arbeit zu einem Zweck an sich um, ja, zu einem Konsumgut. Dafür bräuchten wir eine zentrale Verteilungsregelung, sei dies gesetzlich oder über die Delegation der Entscheidung an die Tarifpartnerschaft. Sieht man in der Teilhabe an Erwerbsarbeit ein unabdingbares Recht, muss eine solche Regelung geschaffen werden. Wir aber halten den Freiheitsgewinn für entscheidend, den ein BGE eröffnet. Außerdem bestärkt und fördert er Leistungsbereitschaft und Sachorientierung. Umverteilung von Arbeit entwertet diese, stellt Arbeit auf ein Podest, als sei sie als solche erstrebenswert, und raubt die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie lange und wie viel man zu arbeiten bereit ist. Wir können nicht beides haben: Arbeitsplatzgarantien und Freiheit der Entscheidung. Wir treten für den Zugewinn an Freiheit und die damit verbundene Zumutung an Verantwortung ein.

Nein, denn das bedingungslose Grundeinkommen schafft zuerst eine allgemeine Absicherung. Für besonderen Hilfebedarf, z.B. für das Anschaffen von technischen Hilfen oder die Unterhaltung medizinisch-pflegerischer Versorgung, muß es auch zukünftig eine zusätzliche Unterstützung geben.

Entscheidend ist darüber hinaus auch hier, daß das bedingungslose Grundeinkommen die normative Verpflichtung aufhebt, beruflichen Erfolg anzustreben. Gerade Bürger, die eine schwierige traumatisierte Lebensgeschichte haben oder – wie hier – durch körperliche oder geistige Behinderungen einer besonderen Unterstützung bedürfen, können diesen Anforderungen ja kaum oder nur erschwert nachkommen. Die Stigmatisierung, die damit einhergeht (die ja alle trifft, die nicht dieser normativen Erwartung nachkommen), die fehlende Anerkennung der Bürger als Bürger zeitigt auch hier Folgen. Das sozialpolitische Bestreben war bislang immer, auch hier eine Integration über Arbeit zu erreichen, sie würde durch das Grundeinkommen aufgehoben. Auch zukünftig wäre es denkbar, daß eine besondere, den Behinderungen eines Mitarbeiters gemäße Arbeitsplatzausstattung öffentlich gefördert wird. Fällt aber die allgemeine Orientierung an einer Arbeitsverpflichtung weg, werden die Bürger als Bürger anerkannt, stellt sich auch für Bürger mit Behinderung die Anerkennung im Gemeinwesen anders dar. Für das Berufsleben würden ebenfalls vielmehr die Leistungsbereitschaft und die Fähigkeiten zählen, statt durch Gesetze geschaffene vermeintliche Gleichstellungen, die heute schon stigmatisierend wirken.

Dieser Einwand ist besonders voraussetzungsreich. Er geht nämlich davon aus, dass die menschliche Bildung und Entwicklung nur möglich ist, wenn den Menschen fürsorglich der richtige Weg gewiesen wird, ohne sie frei entscheiden zu lassen.

Dahinter steht letztlich die Vorstellung von einem Leben, das nur dann sich angemessen entfaltet, wenn es stets kontrolliert wird, ihm die Entscheidung nicht überlassen wird.

Die Familie ist der entscheidende Ort, an dem die Grundlagen dafür gelegt werden, als Erwachsener einmal Freiheitschancen maximal nutzen zu können und der Gemeinwohlbindung zu folgen. Selbstverständlich entfaltet sich der Einzelne nur so gut, wie eine Gemeinschaft ihm Erfahrungen dazu eröffnet und Verantwortung überlässt. Deswegen müssen wir als erstes die Familien stärken und sie davor schützen, in Existenznöte zu geraten, zumindest im Umfang eines bedingungslosen Grundeinkommens. Für diejenigen, die aufgrund einer traumatisierten Lebensgeschichte Schwierigkeiten haben, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, müssen wir Hilfsangebote bereitstellen. Doch keinesfalls dürfen wir sie ihnen aufdrängen. Wir wissen seit langem, dass nur derjenige eine Chance hat, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen, der sich selbst dazu entscheidet, eine Hilfe anzunehmen. Für die anderen, die diesen Schritt nicht machen können, würde ein BGE zumindest ein Leben in Würde ermöglichen, ein Leben, das sie aus freien Stücken wählen. Wir müssen respektieren und damit leben, dass es immer Menschen in unserer Mitte geben wird, die Hilfe nicht anzunehmen bereit sind. Auch sie wären durch ein BGE geschützt und als Bürger anerkannt.

Ja, wenn er allein seine Arbeit als sinnstiftend erachtet. Aber auch ihm können wir nicht garantieren, dass er einen Arbeitsplatz finden wird, denn dazu bräuchten wir eine zentrale Regelung. Die wollen wir aber wegen der damit verbundenen Bevormundung nicht.

Darüber hinaus muss klar gesagt werden: Arbeit ist kein Privatvergnügen oder eine Freizeitbeschäftigung. Arbeit verdient diese Bezeichnung nur, wenn sie problemlösend ist, wenn die Bereitschaft besteht, sich einer Sache hinzugeben. Arbeit bedeutet also zum einen, sich an einer Widerständigkeit abzuarbeiten, zur Lösung eines allgemeinen Problems beizutragen; zum anderen enthält sie die Verpflichtung zur Erzeugung von Neuem, denn nur dies sichert den Fortbestand und Wohlstand unserer Gemeinschaft. Wer arbeiten will, muss also auch bereit sein, sich in den Dienst einer Sache zu stellen. Arbeit ist kein Konsumgut oder eine Maßnahme zur Hebung des Prestiges. Neuerungen sind in der Menschheitsgeschichte sehr wahrscheinlich immer nur dort entstanden, wo jemand bereit war, sich einer Problemlösungssuche hinzugeben, deren Ausgang offen war. Daher rührt auch die große Bedeutung der Wissenschaften als Ort der Erzeugung von Neuem. Das BGE eröffnet die Möglichkeit, sich frei zur Arbeit zu entscheiden; damit schafft es eine andere Basis für die Erzeugung von Neuem, als wir sie gegenwärtig haben. Freiwilligkeit und Identifikation mit einer Sache sind Bedingungen der Möglichkeit von Neuerung. Nicht also wird das BGE die Bereitschaft zur Leistung und Hingabe an eine Sache zerstören, es wird sie vielmehr verstärken und klarer hervortreten lassen, von welch großer Bedeutung sie für uns ist. Künstler und Wissenschaftler z.B., die nicht durch die Anstellung in einer öffentlichen Einrichtung abgesichert sind, könnten mit einem BGE weiter ihrer Neugierde folgen, um Werke zu schaffen.

Nur demjenigen, der sich keine Sinnstiftung jenseits der Arbeit vorzustellen vermag, erscheint ein Leben ohne Arbeit sinnlos. Andere sehen, daß ein Engagement für die Gemeinschaft und die Hinwendung zu den Kindern genauso wertvoll und damit sinnstiftend ist, wie das Erzeugen von Problemlösungen.

Weil sie Bürger unserer politischen Gemeinschaft sind. Außerdem bezahlen auch heute schon u.a. diejenigen, die erwerbstätig sind, die Sozialleistungen, die der Allgemeinheit zugute kommen. Und das tun sie, weil der Volkssouverän befunden hat, dass wir ein solches System haben wollen.

Die Innovationsdynamik, die das BGE entfalten wird, kommt allen zugute, denen, die arbeiten und denen, die nicht arbeiten. Zwar erhält sich unsere politische Gemeinschaft auch und unter anderem dadurch, dass Problemlösungen erzeugt werden, aber eben nicht nur und nicht vor allem dadurch. Die bedingungslose Hingabe der Eltern an ihre Kinder, wodurch die Voraussetzung für ein autonomes und souveränes Leben geschaffen wird, müssen wir den Eltern ermöglichen. Welche Folgen es hat, dass die Väter in den Familien so viel abwesend sind, können wir erahnen und dass dies dauerhaft verantwortungslos ist, wissen wir. Wie wichtig für unsere Gemeinschaft das ehrenamtliche Engagement heute schon ist, muss hier nicht ausgeführt werden. Wie sehr es unter Bedingungen eines BGE zunehmen würde, können wir uns gut vorstellen. Denn dann ist dieses Engagement vollständig unabhängig davon, dass jemand über Erwerbsarbeit ausreichend Einkommen erzielt.

Innovation würde belohnt und bestärkt. Technologische Problemlösungen könnten entwickelt und radikal genutzt werden, um menschliche Arbeitskraft dort einzusparen, wo es praktisch vernünftig ist. Alle standardisierbaren Arbeitsgänge könnten standardisiert und dadurch auch automatisiert werden.

Wie groß dieses Potential ist, können wir vermuten, indem wir mit offenen Augen durch die Welt gehen. Verlässliche Aussagen lassen sich darüber nicht machen. Durch Automatisierung repetitiver Arbeitsgänge würde die Wertschöpfung zunehmend über den Faktor Kapital getragen und die Innovationsleistungen an menschliche Arbeitskraft gebunden. Alle zur Suche nach Neuerung bereiten Bürger würden durch das BGE abgesichert und müssten nicht um ihre Existenz fürchten. Sie könnten sich frei dem müßigen Erkunden des Unbekannten überlassen und wären nicht von einer Marktgängigkeit ihrer Entdeckungen abhängig. Dies gilt in allen Bereichen: der Wirtschaft, der Kunst und der Wissenschaft. Das BGE kann hier mit Fug und Recht als Innovationsmotor bezeichnet werden.

Aber auch die Gütermärkte werden sich wandeln. Güter, die ihre Existenz heute dem Sozialprestige verdanken, das mit ihnen erworben wird, werden sehr wahrscheinlich an Bedeutung verlieren. Denn Sozialprestige erwirbt man unter Bedingungen des BGE dadurch, dass man etwas für die Gemeinschaft um ihrer selbst willen tut, ganz gleich in welchen Bereichen. Auch die Freizeitindustrie wird sich verändern, denn unter Bedingungen des BGE wird deutlich hervortreten, wie sehr die Freizeitindustrie fremdbestimmt die gewonnenen Freiheiten verschwendet. Wer sie verschwenden will, hat die Freiheit dazu, doch steht zu erwarten, dass die Bürger dieser Verschwendung nicht mehr im selben Umfang frönen werden. Die finanziellen Mittel, die heute in solche Wirtschaftszweige investiert werden, würde für Investitionen in anderen Bereich frei.

Für Unternehmen, die eine Verpflichtung zur Innovation haben, denn sie nutzen unsere Ressourcen – Rohstoffe, Lebenszeit und Wissen –, wäre ein Land, indem es ein BGE gibt, ein begehrter Standort. Dazu müssen wir nur die entsprechenden Entscheidungen treffen, denn auch Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten.

Unternehmen müssen unter Bedingungen eines BGE um leistungsbereite Arbeitnehmer werben, ihnen gute Arbeitsbedingungen bieten. Arbeitnehmer haben die Freiheit, unter schlechten Arbeitsbedingungen nicht arbeiten zu müssen, wie es heute schon für die sogenannten „High Potentials“ gilt. Der Arbeitsmarkt wäre ein wirklicher Markt, in dem beide Seiten gleichermaßen mächtig wären. Die Annahme von Arbeitsbedingungen seitens eines Arbeitnehmers würde die Verpflichtung, sich in den Dienst des Unternehmens zu stellen, verstärken. Die Identifizierung mit einem solchen Arbeitsplatz wäre höher als heute. Allerdings hätte er auch die Möglichkeit, ohne weiteres diesen Arbeitsplatz aufzugeben.

Mittlerweile werden bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) und Negative Einkommensteuer (NE) häufig in einem Atemzug genannt, so auch auf der Internetseite des Netzwerk Grundeinkommen Deutschland., in Vorschlägen zu einer Grünen Grundsicherung und zum Solidarischen Bürgergeld.

Ein Grund, weshalb Unterschiede zwischen beiden leicht übersehen werden, rührt wohl von der bloß rechnerischen Betrachtung her. Eine Negative Einkommenssteuer, wie der Begriff schon sagt, erteilt demjenigen, der keines oder kein ausreichendes Erwerbseinkommen erzielt, eine Steuergutschrift. Ob er dieser bedarf kann erst nach Ablauf eines definierten Zeitraums – z.B. eines Monats, eines Quartals, eines Jahres – oder unter Vorbehalt im voraus festgestellt werden. Damit bleibt das Ideal aufrechterhalten, über Erwerbsarbeit ein Einkommen zu erzielen und nachzuweisen, wenn das nicht der Fall ist. Auch wenn der Weg hierfür eine einfache Steuererklärung sein könnte, so muß der Betreffende sich doch erklären. Das ist nicht nur technisch von Bedeutung. Liegt die Erklärungspflicht beim Betroffenen, wird damit zugleich ein Ideal aufrechterhalten, das besagt: erwerbsförmige Tätigkeiten sind wichtiger als nicht-erwerbsförmige. Die Steuergutschrift erfolgt ja erst, wenn ein Bedarf, also das Fehlen eines Erwerbseinkommens festgestellt worden ist. Im Unterschied zum BGE ist die Steuergutschrift also nicht immer und ohne Erklärung verfügbar.

Die Behauptung, es bestehe kein Unterschied zum BGE rührt also daher, daß der Zusammenhang zwischen Gewährungsbedingung und Anerkennung einer Tätigkeit nicht betrachtet wird. Wer sein Augenmerk auf die verfügbare Einkommenssumme richtet, die eine Person – bei aller Einhaltung der häufig genannten, ein BGE auszeichnenden Kriterien – bei Finanzierung über eine NE zur Verfügung hat, übersieht, welche Bedeutung die Gewährungsbedingungen für die Bewertung von Tätigkeiten haben. Entscheidend ist nicht die Summe alleine, sondern, wie sie sich zusammensetzt und unter welchen Bedingungen ich sie erhalte.

Wird ein Grundeinkommen mit anderen Einkommen (aus Erwerb, Vermögen u.a.) verrechnet – das wäre ja auch bei der Steuergutschrift der Fall – ist es nicht mehr bedingungslos, wird es nicht mehr dem Bürger als Bürger gewährt. Das BGE ist dann kein Einkommen, das die Bürger um ihrer selbst willen erhalten und zu jeder Zeit verfügbar haben, ohne sich erklären zu müssen. Im Unterschied zur NE werden im Transfergrenzenmodell von Helmut Pelzer und Ute Fischer Einkommen nicht mit dem BGE verrechnet, die Bezieher müssen sich also in Bezug darauf auch nicht erklären, denn das Transfergrenzenmodell wird durch eine Sozialabgabe finanziert, die BGE-unabhängig ist. Diese Sozialabgabe (in Prozent) wird aus der Summe der Bruttoeinkommen (Erwerbseinkommen, Vermögenserträge, Altersbezüge etc.), die auch heute schon beim Finanzamt gemeldet werden, berechnet. Bei steigendem Bruttoeinkommen aus diesen Quellen erreicht die Sozialabgabe einen Betrag, der höher ist als das Grundeinkommen, das die Person bezieht. (Grundeinkommen minus Sozialabgabe). So wird diese Person zum Nettozahler, sie zahlt mehr Sozialabgabe, als sie Grundeinkommen erhält. Damit verschwindet aber das Grundeinkommen nicht, es bleibt unangetastet. Daß es so aussieht, als verschwände es, ist ein rechnerischer Effekt, sofern bloß die verbleibende Einkommenssumme (Grundeinkommen plus alle anderen Einkommen nach Steuern) betrachtet wird.

Für die wünschbaren und erstrebten Auswirkungen eines BGE ist seine Ausgestaltung entscheidend. Nur, wenn es als ein Einkommen gewährt wird, für das keine Rechenschaftspflicht besteht, nur also, wenn es mit keinen anderen Einkommensarten verrechnet wird, sondern von diesen immer unabhängig bleibt, stärkt ein BGE die Solidarität unseres Gemeinwesens und die freie Entfaltung der Bürger.

Es gibt zahllose Konzepte, die ein Grundeinkommen irgendeiner Art vorschlagen, so dass es uns nicht möglich ist, sie im Einzelnen abzuhandeln. Wir können aber einfache Kriterien nennen, an denen diese Modelle, die sich von unserem unterscheiden, gemessen werden sollen.

Die Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens entspringt der Fürsorgepflicht unserer Gemeinschaft, für alle Bürger ein Leben in Würde zu ermöglichen. Würde bedeutet hier nichts anderes als dass die Autonomie der Bürger , ihre Integrität, geschützt wird. Unser Gemeinwesen gründet sich auf Gleichheit und Gerechtigkeit, die Bürger sind seine Geltungsquelle. Deswegen muss jeder Bürger einen Anspruch haben, ein Einkommen zu beziehen, ohne kontrolliert und gemaßregelt zu werden.

Das BGE ist kein Ersatz- bzw. Sonder- Einkommen, das der Bürger nur erhält, wenn er kein Erwerbseinkommen erzielt. Das BGE erhält der Bürger immer, ganz gleich wie vermögend er ist und welches Erwerbseinkommen er erzielt. Allerdings werden andere Einkommensarten außer dem BGE besteuert, dazu gehören z.B. Einkommen aus Kapital, Immobilienbesitz, Grundbesitz, Vermögen und Erwerb.

Das BGE ist ein Bürger -Einkommen. Bürger erhalten es in voller Höhe, Erwachsene wie Kinder. Entsprechend heutiger Regelungen läge es nahe, Personen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis ebenfalls ein BGE zu gewähren. Es könnte genauso hoch, es könnte auch leicht vermindert sein.

Die Höhe des BGE: Es sollte so hoch als möglich sein, denn nur dann kann es die Würde des Einzelnen gewährleisten. Wie hoch es letztlich ist, entscheiden wir alle, es ist eine politische Entscheidung.

Wie heute schon gibt es auch unter BGE-Bedingungen keinen Zwang, einen bestimmten Beruf zu ergreifen. Das BGE erst lässt einen wirklichen Arbeitsmarkt entstehen, auf dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen souverän sind in der Aushandlung der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen.

Unbeliebte Tätigkeiten müssen entweder höher entlohnt werden als heute, um sie interessant zu machen, oder wir müssen sie wieder in die eigenen Hände nehmen. Auch hier werden die Automatisierungsmöglichkeiten manche Frage beantworten, schaut man sich die heutige Müllabfuhr und die Supermärkte an. Auch Fahrer in U- und S-Bahnen sind erlässlich, sofern entsprechende Technologie eingesetzt wird wie z.B. in Hoch-Bahnen.

Für Berufe, deren Tätigkeit nicht standardisierbar ist, wie z.B. die Pflegeberufe, ärztliches und pädagogisches Handeln usw. würden unter BGE-Bedingungen endlich angemessene Honorierungen bzw. Entlohnungen angeboten werden müssen. Es sei denn, wir wollen auf sie verzichten, dann müssen wir sie in die eigenen Hände nehmen, wollen wir unsere Fürsorgepflicht nicht verletzten.

Mit dem BGE vollziehen wir eine Umwertung der Arbeit. Sie wird nur noch an ihrer Leistung, am Erzeugen von Problemlösungen gemessen und nicht mehr daran, dass sie „Beschäftigung sichert“. Denn „beschäftigt“ werden müssen nur diejenigen, die nichts mit ihrer Lebenszeit anzufangen wissen.

Kann man davon ausgehen, dass dies für die Mehrheit zutrifft? Und liegt der Grund für eine solch mangelnd ausgeprägte Fähigkeit nicht in einer lebensgeschichtlichen Traumatisierung? Nur wer unterstellt, Menschen seien faul und träge, sie müssten mit der Knute zu ihrem Glück gezwungen werden, können so denken. Dieses Vorurteil entlarvt sich selbst, denn würde es zutreffen, gäbe es unser Gemeinwesen mit seiner demokratischen Grundordnung überhaupt nicht. Wer denkt, die Menschen seien faul und träge, wird sich wohl selbst nicht dazu zählen, auch wenn er eine allgemeine Aussage trifft. Fragen wir doch diejenigen, die so denken, ob sie sich auch so einschätzen und vor allem: ob sie denn keine Entscheidungen in ihrem Leben bislang getroffen haben. Denn, wer Entscheidungen trifft, kann nicht von Grund auf faul und träge sein.

Wer heute innovativ ist und tatsächlich etwas leistet, der macht dies aus der Motivierung heraus, an einer Problemlösung mitwirken zu wollen, sich mit einem Problem auseinanderzusetzen, ganz gleich in welchen Berufen. „Workaholics“ sind, wie der Ausdruck schon sagt, nicht innovativ, sie arbeiten nicht aus freiem Entschluss und der Bereitschaft, sich mit einer Sache auseinanderzusetzen. Sie sind abhängig, süchtig, brauchen Arbeit dazu, um sich zu beheimaten, um das Gefühl zu haben, etwas Sinnvolles zu tun – aber nicht sinnvoll aus der Arbeitsleistung heraus, sondern aus der gesellschaftlichen Sanktionierung, nach der angeblich viel Arbeit mit Leistung zusammenfällt. Sie folgen also gerade nicht einer Leistungsethik – sie zeugen vielmehr von einer Erosion derselben.

Wir müssen schon heute davon ausgehen, dass manche Phänomene der Arbeitssabotage, der Leistungsverweigerung und des Missbrauchs sozialer Leistungen eine Reaktion auf eine Krise sind. Auch manches Zögern davor, sich für die Gemeinschaft zu engagieren, resultiert daraus, dass wir uns als Bürger nicht genügend anerkannt fühlen. Dies beginnt schon in der Schule, wo Kinder und Jugendliche häufig nicht in ihrer Neugierde ernstgenommen werden. Statt der Förderung von Neugierde wird Anpassung belohnt. Wer sich nicht fügt und in das System einspannen lässt, fällt allzuleicht heraus. Besondere Förderung muss angeboten werden, wo ein Kind förderungsbedürftig ist. Und dieses Angebot muss eine Selbstverständlichkeit und keine Sonderleistung sein.

Das BGE ersetzt langfristig – bis zu seiner Höhe – alle anderen Transferleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Bafög etc.). Heute bestehende Rentensprüche müssten also bei Einführung entweder umgewandelt oder verrechnet werden.

Sonderbedarfe, die vom BGE nicht abgedeckt werden können, müssen durch eine Zusatzversorgung vom Gemeinwesen getragen werden (hierzu gehören z.B. besondere Hilfsmittel für Behinderte u.ä.). Was heute das Arbeitslosengeld leistet, würde zukünftig, bei entsprechender Höhe durch ein BGE geleistet. Zusatzversorgungen auf freiwilliger Basis oder Abfindungen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber miteinander aushandeln, könnten hinzutreten. Man kann darüber nachdenken, z.B. regionale Unterschiede der Lebenshaltungskosten durch Zuschüsse (Ortzuschläge o.ä.) auszugleichen.

Die Höhe des Grundeinkommens ist eine politische Entscheidung, über die jeweils wieder befunden werden muss, u.a. auch in Abhängigkeit von der verteilbaren Wertschöpfung. Dies ist eine praktische Entscheidung, der wir in keiner Weise vorgreifen wollen.

Denn auch die Höhe des Grundeinkommens, sein Geldwert, wird sich verändern. Wenn wir heute eine Höhe hilfsweise benennen, müssen wir immer bedenken, dass wir in der Bewertung von seinem gegenwärtigen Geldwert, seiner Kaufkraft, abstrahieren müssen. Dies ist nicht möglich, da wir die Zukunft nicht planen, also entsprechende Veränderungen nur vermuten, nicht aber vorhersagen können. Die Auszahlung durch das Finanzamt, das es als Einrichtung weiter geben wird, wäre eine einfache Lösung.

In unseren Erläuterungen, die wir absichtlich knapp gehalten haben, da der Umbau unser gesamtes Sozialwesen betrifft, haben wir manche Aspekte nur benannt und nicht ausgeführt. Dazu gehört auch ein Umbau des Gesundheitswesens.

Eine stärkere Stellung der Arzt-Patient-Beziehung halten wir für notwendig, eine starke Begrenzung der Kassenbefugnisse, vielleicht sogar eine Ersetzung des Krankenkassensystems durch ein solches, das die Ärzteschaft selbst organisiert, wären zu erwägen. Weshalb sollte der Patient nicht beim Arzt bezahlen, vom dem er eine Leistung erhält, zumindest aber von ihm direkt die Rechnung erhalten? Auch eine im Vergleich zu heute stärkere Beteiligung des Patienten wäre zu überdenken. Sie würde die Voraussetzung jeder therapeutischen Behandlung stärken, daß der Patient auch gesund werden will, denn nur so kann er seine Autonomie zurückgewinnen. Selbstverständlich müssen besondere Behandlungen in Form eines Solidarsystems abgedeckt werden, denn zu einem Leben in Würde gehört es für jeden, das Maß an Gesundheit zu erlangen und zu erhalten, das ihm möglich ist. In welchem Verhältnis die Bezieher des Grundeinkommens und diejenigen, die über ein Erwerbseinkommen verfügen an den Behandlungskosten beteiligt werden müssen, wird zu entscheiden sein. In Vor-Krankenkassenzeiten war es durchaus üblich, dass das Honorar des Arztes sich nach den Besitzverhältnissen des Patienten gerichtet hat, eine Art direktes Solidarsystem ohne Einschaltung einer Verteilungsinstanz wie den Krankenkassen. Eine solche Form des Ausgleichs, den die Profession der Ärzte selbst regelte, wäre ebenso denkbar wie eine ein solidarisches System vergleichbar dem heutigen.