11. Was unterscheidet das bedingungslose Grundeinkommen von anderen Grundeinkommensmodellen wie Bürgerarbeit, Mindestsicherung usw. ?

Es gibt zahllose Konzepte, die ein Grundeinkommen irgendeiner Art vorschlagen, so dass es uns nicht möglich ist, sie im Einzelnen abzuhandeln. Wir können aber einfache Kriterien nennen, an denen diese Modelle, die sich von unserem unterscheiden, gemessen werden sollen.

Die Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens entspringt der Fürsorgepflicht unserer Gemeinschaft, für alle Bürger ein Leben in Würde zu ermöglichen. Würde bedeutet hier nichts anderes als dass die Autonomie der Bürger , ihre Integrität, geschützt wird. Unser Gemeinwesen gründet sich auf Gleichheit und Gerechtigkeit, die Bürger sind seine Geltungsquelle. Deswegen muss jeder Bürger einen Anspruch haben, ein Einkommen zu beziehen, ohne kontrolliert und gemaßregelt zu werden.

Das BGE ist kein Ersatz- bzw. Sonder- Einkommen, das der Bürger nur erhält, wenn er kein Erwerbseinkommen erzielt. Das BGE erhält der Bürger immer, ganz gleich wie vermögend er ist und welches Erwerbseinkommen er erzielt. Allerdings werden andere Einkommensarten außer dem BGE besteuert, dazu gehören z.B. Einkommen aus Kapital, Immobilienbesitz, Grundbesitz, Vermögen und Erwerb.

Das BGE ist ein Bürger -Einkommen. Bürger erhalten es in voller Höhe, Erwachsene wie Kinder. Entsprechend heutiger Regelungen läge es nahe, Personen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis ebenfalls ein BGE zu gewähren. Es könnte genauso hoch, es könnte auch leicht vermindert sein.

Die Höhe des BGE: Es sollte so hoch als möglich sein, denn nur dann kann es die Würde des Einzelnen gewährleisten. Wie hoch es letztlich ist, entscheiden wir alle, es ist eine politische Entscheidung.

12. Wer macht noch die Arbeiten, die schon heute unbeliebt sind, wenn man ein Einkommen erhält, ohne zu arbeiten ?

Wie heute schon gibt es auch unter BGE-Bedingungen keinen Zwang, einen bestimmten Beruf zu ergreifen. Das BGE erst lässt einen wirklichen Arbeitsmarkt entstehen, auf dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen souverän sind in der Aushandlung der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen.

Unbeliebte Tätigkeiten müssen entweder höher entlohnt werden als heute, um sie interessant zu machen, oder wir müssen sie wieder in die eigenen Hände nehmen. Auch hier werden die Automatisierungsmöglichkeiten manche Frage beantworten, schaut man sich die heutige Müllabfuhr und die Supermärkte an. Auch Fahrer in U- und S-Bahnen sind erlässlich, sofern entsprechende Technologie eingesetzt wird wie z.B. in Hoch-Bahnen.

Für Berufe, deren Tätigkeit nicht standardisierbar ist, wie z.B. die Pflegeberufe, ärztliches und pädagogisches Handeln usw. würden unter BGE-Bedingungen endlich angemessene Honorierungen bzw. Entlohnungen angeboten werden müssen. Es sei denn, wir wollen auf sie verzichten, dann müssen wir sie in die eigenen Hände nehmen, wollen wir unsere Fürsorgepflicht nicht verletzten.

13. Wird ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht dazu führen, dass die meisten Bürger nicht mehr arbeiten werden ?

Mit dem BGE vollziehen wir eine Umwertung der Arbeit. Sie wird nur noch an ihrer Leistung, am Erzeugen von Problemlösungen gemessen und nicht mehr daran, dass sie „Beschäftigung sichert“. Denn „beschäftigt“ werden müssen nur diejenigen, die nichts mit ihrer Lebenszeit anzufangen wissen.

Kann man davon ausgehen, dass dies für die Mehrheit zutrifft? Und liegt der Grund für eine solch mangelnd ausgeprägte Fähigkeit nicht in einer lebensgeschichtlichen Traumatisierung? Nur wer unterstellt, Menschen seien faul und träge, sie müssten mit der Knute zu ihrem Glück gezwungen werden, können so denken. Dieses Vorurteil entlarvt sich selbst, denn würde es zutreffen, gäbe es unser Gemeinwesen mit seiner demokratischen Grundordnung überhaupt nicht. Wer denkt, die Menschen seien faul und träge, wird sich wohl selbst nicht dazu zählen, auch wenn er eine allgemeine Aussage trifft. Fragen wir doch diejenigen, die so denken, ob sie sich auch so einschätzen und vor allem: ob sie denn keine Entscheidungen in ihrem Leben bislang getroffen haben. Denn, wer Entscheidungen trifft, kann nicht von Grund auf faul und träge sein.

Wer heute innovativ ist und tatsächlich etwas leistet, der macht dies aus der Motivierung heraus, an einer Problemlösung mitwirken zu wollen, sich mit einem Problem auseinanderzusetzen, ganz gleich in welchen Berufen. „Workaholics“ sind, wie der Ausdruck schon sagt, nicht innovativ, sie arbeiten nicht aus freiem Entschluss und der Bereitschaft, sich mit einer Sache auseinanderzusetzen. Sie sind abhängig, süchtig, brauchen Arbeit dazu, um sich zu beheimaten, um das Gefühl zu haben, etwas Sinnvolles zu tun – aber nicht sinnvoll aus der Arbeitsleistung heraus, sondern aus der gesellschaftlichen Sanktionierung, nach der angeblich viel Arbeit mit Leistung zusammenfällt. Sie folgen also gerade nicht einer Leistungsethik – sie zeugen vielmehr von einer Erosion derselben.

Wir müssen schon heute davon ausgehen, dass manche Phänomene der Arbeitssabotage, der Leistungsverweigerung und des Missbrauchs sozialer Leistungen eine Reaktion auf eine Krise sind. Auch manches Zögern davor, sich für die Gemeinschaft zu engagieren, resultiert daraus, dass wir uns als Bürger nicht genügend anerkannt fühlen. Dies beginnt schon in der Schule, wo Kinder und Jugendliche häufig nicht in ihrer Neugierde ernstgenommen werden. Statt der Förderung von Neugierde wird Anpassung belohnt. Wer sich nicht fügt und in das System einspannen lässt, fällt allzuleicht heraus. Besondere Förderung muss angeboten werden, wo ein Kind förderungsbedürftig ist. Und dieses Angebot muss eine Selbstverständlichkeit und keine Sonderleistung sein.

14. Wie verhält sich das bedingungslose Grundeinkommen zu anderen Transferleistungen ?

Das BGE ersetzt langfristig – bis zu seiner Höhe – alle anderen Transferleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Bafög etc.). Heute bestehende Rentensprüche müssten also bei Einführung entweder umgewandelt oder verrechnet werden.

Sonderbedarfe, die vom BGE nicht abgedeckt werden können, müssen durch eine Zusatzversorgung vom Gemeinwesen getragen werden (hierzu gehören z.B. besondere Hilfsmittel für Behinderte u.ä.). Was heute das Arbeitslosengeld leistet, würde zukünftig, bei entsprechender Höhe durch ein BGE geleistet. Zusatzversorgungen auf freiwilliger Basis oder Abfindungen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber miteinander aushandeln, könnten hinzutreten. Man kann darüber nachdenken, z.B. regionale Unterschiede der Lebenshaltungskosten durch Zuschüsse (Ortzuschläge o.ä.) auszugleichen.